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Makrozoobenthos – das unscheinbare Leben am Gewässergrund

In jedem Lebensraum gibt es verschiedene Arten, die sich unter den dortigen Bedingungen besonders wohl fühlen. Zum Beispiel bevorzugen einige Spezies den relativ sauerstoffarmen Schlamm, während andere gut an das Leben im stark durchströmten Kies angepasst sind. Änderungen in dieser Artenzusammensetzung weisen oftmals auf Veränderungen in der Qualität des Lebensraumes hin.

Der Grund von Gewässern ist wohl für die meisten Menschen ein rätselhaftes und vor allem unzugängliches Gefilde. Doch es findet sich hier ein Lebensraum für außergewöhnliche Tierarten, die aufgrund ihrer Lebensweise nur mit speziellen Methoden erforscht werden können. Die verschiedenartige Lebewelt der Gewässersohle wird unter dem Begriff Makrozoobenthos zusammengefasst.

Die meisten Menschen werden mit dem Begriff Makrozoobenthos kaum etwas anfangen können. Dass es etwas mit Tieren zu tun hat, lässt der Wortteil zoo vielleicht noch vermuten. Tatsächlich handelt es sich um Tiere, die am Gewässergrund im und am Substrat leben und mit dem freien Auge, also makroskopisch, sichtbar sind. Meist sind dies Larven der unterschiedlichsten Insektengruppen, wie zum Beispiel Libellen, Eintagsfliegen und Mücken, die einen Teil ihres Lebenszyklus als Larven unter Wasser verbringen, und erst nach ihrer Metamorphose zu den allseits bekannten Fluginsekten werden. Aber auch weniger mobile Arten wie Bachflohkrebse, Würmer und Muscheln zählen dazu.

Ihre Funktionen im Gewässer sind vielfältig: während zum Beispiel Muscheln kleine Partikel aus dem Wasser filtern, sind andere Gruppen an der Zersetzung von abgelagertem organischem Material, wie zum Beispiel Blättern, beteiligt. Eine extrem wichtige große Rolle spielen sie jedoch als Nahrungsquelle für verschiedene Fischarten.

Forscherinnen und Forscher können unter anderem mithilfe dieser Tiere Gewässer in ihrer biologischen Güte bewerten. Diese Methode ist auch in der Wasserrahmenrichtlinie der EU als wichtiges Bewertungskriterium verankert. In jedem Lebensraum gibt es verschiedene Arten, die sich unter den dortigen Bedingungen besonders wohl fühlen. Zum Beispiel bevorzugen einige Spezies den relativ sauerstoffarmen Schlamm, während andere gut an das Leben im stark durchströmten Kies angepasst sind. Änderungen in dieser Artenzusammensetzung weisen oftmals auf Veränderungen in der Qualität des Lebensraumes hin. Es sind sogenannte Zeigerarten für den Zustand verschiedener Lebensräume.

Um eine Bestimmung der Tiere vorzunehmen ist es natürlich zu allererst erforderlich aus dem gewünschten Lebensraum Proben zu ziehen. Dies stellt sich, vor allem im Bereich der Hauptströme großer Flüsse, wie der Donau, nicht immer als leichtes Unterfangen dar. Die starke Strömung und teilweise hohen Tiefen können hier problematisch sein. Für eine Probenahme werden Metallrohre bzw. -platten vom Schiff aus abgesenkt, in den Grund gebohrt und im Folgenden mit flüssigem Stickstoff stark heruntergekühlt.

Dadurch friert auch das Wasser in den Sedimentschichten rund um die Metallflächen ein und ein sogenannter freeze core (Eis-Kern) kann entnommen werden, in dem sich neben Schotter und Kies natürlich auch die dazwischen lebenden Tiere befinden.

viadonau geht gewissenhaft mit dem Leben am Gewässergrund um und versucht bei Erhaltungsbaggerungen und sonstigen Eingriffen in die Gewässersohle die Beeinträchtigungen von Schutzgütern, zu denen auch das Makrozoobenthos zählt, möglichst gering zu halten. Unter anderem werden Regionen und Zeiträume mit besonderer Bedeutung für Makrozoobentos-Organismen so weit wie möglich gemieden und durch das Arbeiten in Fließrichtung Fluchtmöglichkeiten stromab geboten. Monitorings vor und nach Projekten sind ein fixer Bestandteil in der Projektabwicklung.

Die Autorinnen
Julia Weber absolviert seit Oktober 2017 ein Praktikum im Team Umwelt/Ökologie in der viadonau-Zentrale in Wien und unterstützt dabei die Expertinnen und Experten bei ihren vielfältigen Aufgabenbereichen zur Erhaltung und Entwicklung des Naturraums Donau.
E-Mail: Julia.Weber[at]viadonau.org

Barbara Becker ist seit 2005 bei viadonau. Neben zahlreichen weiteren Aufgaben widmet sich die Umweltexpertin vor allem dem ökologischen Naturraum-Management sowie der Vorbereitung und Umsetzung von Renaturierungsprojekten.
E-Mail: Barbara.Becker[at]viadonau.org