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Kopfweiden – Weiden mit Köpfchen

Kopfweiden können sehr alt werden und mächtige Stämme bilden. Viele alte Kopfweiden sind innen hohl, obwohl sie noch vital sind und jedes Jahr neu austreiben. In den Baumhöhlen finden seltene und gefährdete Höhlenbrüter und Totholzbewohner Unterschlupf wie zum Beispiel der Wiedehopf, der Steinkauz, der Grauspecht oder der Eremitische Juchtenkäfer.

Was sind Kopfweiden?

Kopfweiden sind keine Baumart, sondern eine Nutzungsform von Baum- und Strauchweiden. Um eine Kopfweide zu erzielen, wird eine junge Weide – meist eine Silber- oder Bruchweide – in 1,5 bis 2 Metern Höhe gekappt. Durch den starken Austrieb entstehen bereits kurz nach dem Rückschnitt neue Reiser um die Schnittstelle, die dann in einem drei bis zehnjährlichen Rhythmus zurückgeschnitten werden. Weil sich nach jedem Rückschnitt ein Kallus um die Schnittstellen bildet, verdickt sich allmählich das obere Ende des Stammes – der Baum bekommt einen „Kopf“.

Nutzung

Kopfweiden sind eine uralte Bewirtschaftungsform der Weiden, die ersten Nachweise reichen bis in vorchristliche Zeit zurück. Die abgeschnittenen Äste und Ruten wurden früher für verschiedene Zwecke verwendet, vor allem als Brennholz und zum Korbflechten, aber auch für Zäune und Werkzeugstiele. Rinde und Blätter fanden als Heilmittel Gebrauch, sie enthalten nämlich Salicylsäure, einen Wirkstoff, der auch im Aspirin enthalten ist. Außerdem wurden Weidenstecklinge und Faschinen (Rutenbündel) stets verwendet, um Flussufer zu sichern.

Kopfweiden wachsen auch auf nassen Böden, die landwirtschaftlich kaum nutzbar sind, und lassen sich regelmäßig „ernten“, ohne den Baum fällen zu müssen – sie waren also eine willkommene Nutzungsform für ansonsten kaum produktive Flächen. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war daher ein Großteil unserer Bach- und Flussufer, Feuchtwiesen und Auen mit Kopfweiden bewachsen.

Naturschutz

Kopfweiden können sehr alt werden und mächtige Stämme bilden. Viele alte Kopfweiden sind innen hohl, obwohl sie noch vital sind und jedes Jahr neu austreiben. In den Baumhöhlen finden seltene und gefährdete Höhlenbrüter und Totholzbewohner Unterschlupf wie zum Beispiel der Wiedehopf, der Steinkauz, der Grauspecht oder der Eremitische Juchtenkäfer. Aber auch häufige Arten profitieren von den Kopfweiden, wie etwa die Stockente: sie verdankt den Kopfweiden sogar ihren Namen, weil sie gerne auf den auf Stock gesetzten Bäumen brütet.

Pflege

Kopfbäume, die nicht mehr gepflegt werden, können leicht auseinanderbrechen, weil die Äste ein Übergewicht bekommen. Daher ist ein regelmäßiger Rückschnitt für die dauerhafte Erhaltung notwendig. 

Um einen Überblick über die Kopfweidenbestände auf viadonau-Flächen zu bekommen, wurde im Winter 2021/2022 von den Mobilen Services Ost und dem Team Ökologie von viadonau eine erste Bestandsaufnahme an March und Thaya durchgeführt. Anschließend wurde damit begonnen, die Weiden bei Marchegg und Ringelsdorf zurückzuschneiden und Stecklinge für neue Kopfweiden zu gewinnen. Ein Teil der Stecklinge wurde gleich an Ort und Stelle eingepflanzt, der Rest wurde im Baupraktikum für ingenieurbiologische Ufersicherung von Student:innen der BOKU im Bereich Marchegg verbaut. 

In den nächsten Jahren sollen sukzessive alle alten Kopfweiden an March und Thaya gepflegt und zurückgeschnitten werden. Dadurch werden die Biotopbäume erhalten und neue nachgepflanzt, außerdem wird laufend Baumaterial für biologische Ufersicherungen gewonnen. viadonau leistet damit nicht nur einen Beitrag zu Natur- und Klimaschutz, sondern auch zur Bewahrung historischer Landschaftselemente und Kulturgüter.

Pflegearbeiten und Bauumsetzung:

Christoph Müllebner, Herwig Biber, Stefan Busch und Thomas Butz.

Der Autor:

Josef Semrad ist als Ökologe bei viadonau tätig und als leidenschaftlicher Naturfreund bekannt dafür, engagiert Hand anzulegen, wenn es um ökologische Maßnahmen in Bereichen wie Erhaltung und Hochwasserschutz an Donau, March und Thaya geht.