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Frühling in der Au: Vom Schneeglöckchen zur Schwarzpappel

Geheimnisvoll und mystisch mutet der Auwald an. Mit seinen uralten Baumriesen und durch seine vom Wasser beeinflusste Landschaft ist er einzigartig und bietet vielen Pflanzen- und Tierarten eine besondere Heimat. Heute sind nur mehr kleine Restbestände des einstigen Naturidylls vorhanden – ein Grund mehr, diesen besonderen Lebensraum zu erhalten.

Warum es im Frühjahr in der Au so schön blüht? Weil die Erde vom Winter feucht ist, das Sonnenlicht durch die noch unbelaubten Bäume bis auf den Boden trifft und ihn erwärmen kann, weil es im Auwald Nährstoffe im Überfluss gibt, und weil tausende Blumenzwiebeln im Boden schlummern, die nur darauf warten, geweckt zu werden. Die unterirdischen Speicherorgane – Zwiebeln, Knollen und Speicherwurzeln – voll mit den Energiereserven aus dem Vorjahr sind der entscheidende Startvorteil im Frühjahr, um die Gunst der ersten Sonnenstrahlen zu nutzen. First come, first serve! Jetzt geht es los, zuerst blühen Schneeglöckchen, später Blaustern, Gelbstern und Buschwindröschen, als letztes boomt der Bärlauch. Nach dem Blütenmeer im Frühjahr schließt sich das Laubdach wieder, am Boden ist es dann zu dunkel für lichthungrige Bodenvegetation, die Zeit der Au-Bäume beginnt. Die Au ist ein einzigartiges Ökosystem mit vielen Besonderheiten – es lohnt sich, unseren Donau-Auwald einmal so richtig unter die Lupe zu nehmen.

Hart oder Weich 
Ohne Wasser keine Au. Der Auwald wird maßgeblich von schwankenden Wasserständen der Oberflächengewässer und Grundwässer beeinflusst und kann in zwei Typen unterschieden werden: Die Weiche Au und die Harte Au. Diese Bezeichnungen stammen von den Baumarten, die die verschiedenen Zonen einer Au besiedeln: In der Weichen Au kommen Weichholzarten, wie Weiden, Pappeln und Erlen, vor. Sie ist der jüngste Teil in der Entwicklung des Auwaldes. Die Verjüngung findet meist auf angelandetem Rohboden direkt am Rande des Gewässers statt. Dieser Bereich kann jährlich mehrmals überschwemmt werden. In der Harten Au wachsen Hartholzbäume, typisch sind: Eiche, Ahorn, Esche und Linde. Sie ist meist in etwas höher gelegenen oder vom Wasser weiter entfernten Bereichen anzutreffen. Überschwemmungen sind hier wesentlich seltener. Hier wachsen Frühjahrsgeophyten wie Schneeglöckchen und Co. am liebsten.

Auf den Auwald-Flächen von viadonau gibt es keine forstliche Nutzung. Es wird nur dann in den Bestand eingegriffen, wenn es um die Sicherheit für unterschiedlichste Freizeitaktivitäten auf den zahlreichen Wegen im Wald geht. Dadurch schützt viadonau die Auwälder und leistet damit einen wichtigen Beitrag in der Erhaltung der vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten, die dort ihren Lebensraum haben. Entlang der österreichischen Donau sind ca. 500 Hektar Auwald im Verwaltungsbereich von viadonau ökologisch wertvoller Naturwald.

Knorrig und wuchtig 
Eine der prägendsten Baumpersönlichkeiten im Auwald ist die Schwarzpappel (Populus nigra L.). Eine dunkelgraue bis fast schwarze Borke, die sich krümmt und windet und eine unregelmäßige Krone sind Markenzeichen dieses Baumes. Sie kann bis zu 30 Meter hoch werden und einen Stammdurchmesser von 2 Meter erreichen. Sie kommt an Flussufern in ganz Europa vor, wie an der Donau, der Rhone, dem Rhein oder der Elbe. Aufgrund zahlreicher Kreuzungen mit anderen (teilweise künstlich angepflanzten) Pappelarten, lässt sich ihr natürliches Areal kaum mehr genau feststellen. Außerdem ist dieser wunderschöne Baum in Mitteleuropa durch den großflächigen Verlust seines Habitats von der Ausrottung bedroht und muss geschützt werden – auch in Österreich! viadonau ist aktiv daran beteiligt die Schwarzpappel zu erhalten. Ein Beispiel ist das soeben fertiggestellte Schwarzpappelinventar Wachau, das im Rahmen von LIFE Auenwildnis Wachau beauftragt wurde. Die über 600 Schwarzpappeln in der Wachau wurden verortet, genetisch analysiert und werden als Mutterbäume für Neuauspflanzungen verwendet.

Wunderkind
Die Schwarzpappel zählt zu den Pioniergehölzen und ist als eine der wenigen Baumarten dazu fähig, Schotterböden mit einem nur sehr geringen Anteil an Erdsubstrat zu besiedeln. Alles was sie benötigt, ist Anschluss ans Grundwasser, dann können ihr die trockenen Standorte an sandigen Uferwällen und Schotterböden nichts mehr anhaben. Durch diesen entscheidenden Vorteil kann sie unter diesen Bedingungen zur dominanten Baumart werden. An anderen Stellen ist sie gegenüber anderen Arten kaum konkurrenzfähig, da sie einen sehr hohen Licht-, Wasser-, und Nährstoffbedarf hat. Flussregulierung und Hochwasserschutz haben dem Schwarzpappel-Bestand sehr zugesetzt, da viele Schotterlebensräume verloren gegangen sind. Der Rückgang dieser Baumart zeigt auch einen Effekt auf die Vogelwelt: gerade die alten Schwarzpappeln mit ihren imposanten Kronen dienen unter anderem als Brutbäume für große seltene Horstbrüter, wie dem Seeadler oder dem Schwarzstorch. Das viadonau-Baum-Management geht besonders mit Schwarzpappeln sehr sorgsam um. Wo immer möglich, wird nur ein Kronenschnitt gemacht, um die Verkehrssicherheit der Wege zu gewährleisten und diesen imposanten Bäumen einen sicheren Platz an der Donau zu geben.


Die Autorinnen
Barbara Becker ist seit 2005 bei viadonau. Neben zahlreichen weiteren Aufgaben widmet sich die Umweltexpertin vor allem dem ökologischen Naturraum-Management sowie der Vorbereitung und Umsetzung von Renaturierungsprojekten.
E-Mail: Barbara.Becker[at]viadonau.org   

Katrin Ehrenbrandtner und Julia Weber sind Praktikantinnen bei viadonau im Team Umwelt/Ökologie und unterstützen und begleiten die vielfältige Arbeit der Umweltexpertinnen und -experten.
E-Mail: Katrin.Ehrenbrandtner[at]viadonau.org