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Das dritte Leben des MS Negrelli

Steine, Menschen und nun Fische - der MS Negrelli ist wirklich vielseitig und darf sich bald über eine neue spannende Bestimmung freuen.

Erst waren Steine und Baggerarbeiten die Bestimmung des MS Negrelli. Dann wurde das Schiff umgebaut und als schwimmender Ausstellungs- und Veranstaltungsraum genutzt. Als sich der Aufwand zusehends mehrte, den Negrelli fahrtüchtig zu erhalten, wurde es still um das Schiff. Doch nun, im mittlerweile fortgeschrittenen Alter, kommt wieder richtig Leben auf das Schiff: umgebaut zu einer schwimmenden Aufzuchtstation wird es künftig Mutter- und Jungfischen der stark bedrohten Donaustöre ein geschütztes zu Hause bieten und ihnen den Start ins Leben erleichtern.

MS Negrelli, das Steintransportschiff

1966 wurde der MS Negrelli im Auftrag des Bundesstrombauamtes in der ÖSWAG-Linz gebaut. Benannt ist „der Negrelli“ nach dem Verkehrsbauingenieur und Eisenbahnpionier Alois Negrelli von Moldelbe (1799-1858), der insbesondere als Planer des Suez-Kanals bekannt ist. Gebaut als Steintransportschiff fand er vor allem im Buhnen- und Uferbau Verwendung. Mit einem elektrischen Kran und einer Steintransportschute ausgestattet, entleerte und transportierte das 64 Meter lange und 10 Meter breite Schiff sogenannte Steinkübel. Auch wenn Kran und Schute später ihren Zweck verloren, ist der Negrelli seit damals durchgehend im Dienst – zuerst beim Bundesstrombauamt, dann bei der Wasserstraßendirektion, bei der Donaubetriebs AG, Donautechnik GmbH und schließlich bei via donau. Im Zuge eines Umbaus im Jahr 2002 wurde der Negrelli umgewidmet und diente bis 2004 vor allem als Baggerschiff bei Ufersanierungen. Waren ursprünglich 8-9 Personen zum Betrieb des Schiffes eingesetzt, genügten dann nur mehr 3-4 Personen zur Führung des Schiffes.

Die mobile Veranstaltungslocation: Rent a Negrelli!

Nach der Fusion des Unternehmens 2005 verblieb der Negrelli im Eigentum von viadonau und bekam nun eine ganz neue Verwendung: aus dem selbstfahrenden ehemaligen Steintransportschiff wurde eine mobiler Veranstaltungsort. Damals buchte die Kunstuniversität Linz das Schiff für zwei Wochen und baute es im Sinne eines mobilen, außeruniversitären Standortes um. Der geräumige Bauch des Schiffes wurde zum Event- und Ausstellungsort umfunktioniert, das Schiff verfügte über einen Ausstellungs- und einen Veranstaltungsraum mit je 100m². Von April bis November dauerte die Saison, dann war der MS Negrelli auf der österreichischen Donau unterwegs und konnte für Veranstaltungen gemietet werden. 2007 kam ein weiterer Verwendungszweck hinzu: das Projekt „donau on tour“ wurde gestartet und eine schwimmende Ausstellung entwickelt, die die Gemeinden entlang der Donau ansteuerte, um vor Ort über das Potenzial der Wasserstraße Donau, die Vielfältigkeit des Lebens- und Wirtschaftsraumes und die Tätigkeiten der via donau zu informieren. Mit ihren zahlreichen interaktiven Animationen und Spielen war die Ausstellung auch bei Kindern sehr beliebt. Das Projekt war als Wanderausstellung konzipiert, um nicht zuletzt auch durch den außergewöhnlicher Ausstellungsraum auf einem Schiff die Menschen in den Donaugemeinden anzusprechen, aber auch Schüler:innen, Radfahrer:innen am Donauradweg und nach Möglichkeit die breite Öffentlichkeit im gesamten Donauraum zu erreichen. Bis 2013 war der Negrelli für dieses Projekt im Einsatz.

Neues Leben für den Negrelli

Nachdem es stetig mit zunehmendem Reparaturaufwand verbunden war, das Schiff mobil zu halten, war es in den letzten Jahren ruhig um den Negrelli geworden. Bis sich unerwartet eine neue Verwendung für das ehemalige Steintransportschiff fand: als schwimmende Aufzuchtstation für Störe im Projekt „LIFE Boat 4 Sturgeon“, als die der Negrelli dazu beitragen soll, die vier verbliebenen Störarten in der Donau - Sterlet, Waxdick, Sternhausen und Hausen-  vor dem Aussterben zu bewahren. Denn die extrem kleinen Populationen können sich nicht aus eigener Kraft erholen, sondern benötigen eine Unterstützung durch das Aussetzen donautypischer Stämme und vielfältiger Jungfische, die durch die Aufzucht im Flusswasser an ihre Heimatgewässer angepasst und für ein Überleben in freier Wildbahn geeignet sind. Das übergeordnete Ziel des Projektes ist es deshalb, den Genpool der vier überlebenden Donaustörarten durch eine Muttertierhaltung und Auswilderung von Jungfischen vor dem Aussterben zu sichern. Dazu wird der Negrelli in der kommenden Zeit in eine schwimmende Fischaufzuchtstation zur Haltung von Mutterfischen und zur Aufzucht von Jungtieren umgebaut und bekommt dafür einen festen Liegeplatz an der Wiener Donauinsel. Innerhalb der Projektlaufzeit sollen bis 2029 etwa 1,6 Mio. Störe nachgezüchtet und Jungtiere der verschiedenen Arten in unterschiedliche Donauabschnitten ausgewildert werden. Eine wichtige und große Aufgabe, zu der unser Negrelli seinen Beitrag leisten darf – wir drücken die Daumen und sind gespannt wie es weitergeht!

Daten & Fakten: MS Negrelli
Bauwerft: Linz
Baujahr: 1966
Breite: 10,4m
Länge: 65,98m (Länge über Deck: 64m)
Tragfähigkeit: 347,46t
Tiefgang (max): 1,6m
(Antriebsleistung: 2 x 314kW)

Weiterführende Informationen zum Projekt LIFE Boat 4 Sturgeon finden Sie hier: https://www.viadonau.org/unternehmen/projektdatenbank/life-boat-4-sturgeon

Fotos: © viadonau