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Wem gehört die Donau?

Unser gesellschaftliches Leben ist vielfach nach dem bürgerlichen Rechtsbegriff des Eigentums geregelt. Es stellt sich die Frage, wer eigentlich die Donau besitzt.

Wie verhält sich das mit dem Wasser, den Uferbereichen und den Bewohnern der Donau? Und welche Auswirkungen hat das in der Praxis? Auen muss man vom Fluss ausgehend denken. Ohne ihn gäbe es keine dynamischen, landschaftsgestaltenden Prozesse, nichts wäre im Augebiet im Fluss. Das gilt auch für den Nationalpark Donau-Auen. Wenn mit dem Frühling wieder vermehrt Gäste in den Auwald strömen, wird es viele auch zur Donau ziehen. Sie ist das Herz des Nationalparks. Ein schnell strömender Fluss, durch die historische Begradigung beschleunigt, der beachtliche Wassermassen mit sich führt.

Internationale Wasserstraße

Interessant ist, wie viele Frachtschiffe hier an einem vorbeiziehen. Nicht nur, weil sich ein ganz anderes Bild als an den stillen Nebenarmen ergibt, sondern auch, weil hier eine internationale Wasserstraße mitten durch den Nationalpark führt. Und auch wenn so mancher Käfer ganz informell auf einem Stück Totholz anreist und vielleicht ein jüngst renaturiertes Uferstück besiedelt, stellt sich die Frage, wie die Donau gesetzlich eingebettet ist. Wie verhält es sich mit den Eigentumsverhältnissen, wem gehört die Donau? Wo beginnt dieses Eigentum und wo endet es? Immerhin funktioniert ein Fluss nicht nach trennscharfen Grenzen, da gibt es auch Grundwasserströme, Uferbereiche und ab und zu ein Hochwasser.

Gleich vorweg, die Donau steht im Eigentum der Republik Österreich. So wie fast alle Fließgewässer, die zum Teil auch den Ländern zugeordnet sind. Genauere Auskunft darüber gibt viadonau, die Österreichische Wasserstraßen-GesmbH., die zur Erhaltung und Entwicklung der Donau als Wasserstraße gegründet wurde. Ein Blick in das Grundbuch zeigt, dass die Grundfläche der Donau, also das Gewässerbett, in allen Bundesländern parzelliert und dadurch eigentumsrechtlich erfasst ist. Mit wenigen Ausnahmen ist die Republik Österreich als Eigentümerin der Grundflächen der Donau eingetragen, vertreten durch die Bundeswasserbauverwaltung (heute viadonau). Zugleich wird die Donau dem „Öffentlichen Wassergut“ zugeordnet. Was aber bedeutet das in der Praxis? Da ein Fluss kein Grundstück ist, stellen sich weitere Fragen. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Naturschutz und als Teil eines Nationalparks. Beginnen wir mit der Wasseroberfläche und deren Nutzung.

Wer schon einmal mit einem Kanu oder Schlauchboot ein Stück den Hauptstrom entlang gepaddelt ist, weiß wahrscheinlich, dass das auch ohne Genehmigung möglich ist. Ähnlich verhält sich das mit der  internationalen Schifffahrt. Das Flussschifffahrtsrecht sieht seit dem 19. Jahrhundert freie Fahrt für den internationalen Schiffsverkehr vor, das gilt heute etwa auch für die Schleusenanlagen der großen Donaukraftwerke. Das bedeutet, dass die Republik zwar Eigentümerin der Donau ist, aber auch an internationale Abkommen (aktuell die Belgrader Konvention) gebunden ist und die internationale Schifffahrt nur in eingeschränktem Maße regulieren kann.

Viele Rechtsmaterien schwingen mit

Wie aber ist Eigentum zu bewerten, das einem zwischen den Fingern zerrinnt, wenn wir also an den Fluss unterhalb der Oberfläche denken? Die großen Wassermassen, die hier pro Sekunde unterwegs sind, ließen sich nur schwerlich als „Besitz“ definieren. Das Wasser ist vielmehr ein Verbrauchsgut, dessen Nutzung als öffentliches Gewässer im Sinn des Gemeinwohls in einem bestimmten Rahmen erlaubt ist. Das gleiche gilt auch für die darin lebenden Pflanzen, so wie für Erde oder Schlamm. Die Nutzung ist der Öffentlichkeit im Rahmen erlaubt, eine Mehrbeanspruchung wäre, wie in jedem anderen Fall einer fremden Grundbenutzung, allerdings nur im Einvernehmen mit dem Grundeigentümer möglich.
Im Fall der Donau ist viadonau Fruchtgenussberechtigte dieser Liegenschaften der Republik und damit gesetzlich für Fragen wie diese zuständig. Allerdings ist zu beachten: die vom Wasserrecht eingeräumten Nutzungsfreiräume werden durch andere Rechtsmaterien eingeschränkt – beispielsweise durch Forstrecht, Fischereirecht, Naturschutzrecht und auch durch europarechtliche Bestimmungen.

Denkt man hingegen an die verschiedenen Bewohner der Donau, etwa an Fische wie Brachse, Döbel oder Hasel, bzw. an andere aquatische, etwa auch benthische Lebewesen wie Kleinkrebse, Schnecken, Muscheln und Würmer, dann erscheint der Eigentumsbegriff schon wieder etwas diffiziler. Zwar werden Nutzungsrechte durch Lizenzen wie eine Fischerkarte geregelt, dennoch stellt sich die grundsätzliche Frage, ob der Begriff des Eigentums die Persönlichkeitsrechte von Lebewesen adäquat abzudecken vermag. Gerade vor dem Hintergrund des naturschutzrechtlichen Gedankens kommt dem Schutz der Bewohner in Schutzgebieten wie Nationalparks ein besonderer Stellenwert zu, der mit anderen geltenden Rechtsbeständen abzuwägen ist. Das bürgerliche Recht in Österreich kennt keine Persönlichkeitsrechte für Fische oder andere aquatische Lebewesen, die rechtlich gesehen als „Sachen“ behandelt werden. International gab es in den vergangenen Jahren einzelne Fälle, in denen Lebewesen implizit vor Gericht als juristische Personen angesehen wurden, etwa im Fall zweier Schimpansen in den USA. Diese Interpretation ist im angelsächsischen Recht möglich. Und auch bei Flüssen gab es in den vergangenen Jahren eine rechtsphilosophische Weiterentwicklung. Vor einigen Jahren wurde u. a. dem Ganges in Indien und später auch dem Río Atrato in Kolumbien der Status eines Rechtssubjekts zugesprochen. Darin drückt sich in erster Linie ein sich veränderndes Verhältnis von Mensch und Natur aus. Zwar bewirkt die Vergabe von Persönlichkeitsrechten noch keinen stärkeren Schutz, führt aber zu einem neuen Verhältnis des Schutzgutes und der Fürsprache für dieses.

Integratives Management

Doch zurück zur Donau und der Frage, wie diese als Eigentum der Republik – bzw. der Länder Wien und Niederösterreich – im Bereich des Nationalparks geregelt ist. viadonau, die wiederum im Eigentum des Klimaschutzministeriums steht, zählt neben der Entwicklung der Wasserstraße auch die Betreuung der wasserbaulichen Infrastruktur zu ihren Aufgaben. Das bedeutet, dass sie etwa auch für die Erhaltung der Dämme und der Treppelwege zuständig ist. Gemeinsam mit der Nationalparkverwaltung werden seit Jahren Uferbereiche renaturiert und Nebenarme (wie der Spittelauer Arm auf der Höhe Hainburg) wieder an die Donau angebunden. Dabei gilt es, Ziele des Naturschutzes und wirtschaftliche Interessen durch ein integratives Flussraummanagement zu verbinden, etwa beim Versuch, durch Geschiebemanagement eine weitere Eintiefung der Donausohle zu verhindern.

Praktisch bedeutet das, dass die operativen Maßnahmen der viadonau im Bereich der Wasserstraßen-Infrastruktur im Nationalpark unter besonders starker Aufmerksamkeit stehen und hier beispielhafte Lösungen gesucht und erprobt werden. Die Schifffahrtsrinne ist im Nationalpark als spezielle Zone definiert, in welcher die Schifffahrt und die zur Erhaltung der Schifffahrt erforderlichen Maßnahmen möglich sind. Insofern ist eine gut abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Nationalparkverwaltung und viadonau besonders wichtig, um ökologische und ökonomische Interessen wie auch den Hochwasserschutz unter einen Hut zu bringen. Erfolgreich, wie beide Seiten betonen.

Dieser Gastbeitrag wurde von Gunnar Landsgesell verfasst und ist erstmals im Magazin „Au-Blick“ erschienen. Der Text ist hier abrufbar: nationalpark-donau-auen-aublick_47.pdf (donauauen.at)

Titelfoto: (c) Nationalpark Donau-Auen/Leitner